Vögel zwitschern, das Gras und die ersten Blüten spriessen und wiegen sich auf dem Flugplatz im leichten Frühlingswind – und gleich bei der ersten Vorflugkontrolle kommen sie wieder: die Symptome des typischen Heuschnupfens. Die Nase ist verstopft, die Augen tränen und jucken. Pollenzeit ist Heuschnupfenzeit! Etwa jeder fünfte in der Schweiz ist von einer Pollenallergie betroffen, die auch zu Asthma führen kann. Dies geschieht am ehesten, wenn eine Pollenallergie über längere Zeit unbehandelt bleibt.

Ist das nun schon ein Problem für Piloten und ihr Tauglichkeitszeugnis? Kann man einfach ins Cockpit steigen und losfliegen? Oder muss erst der Fliegerarzt konsultiert werden?

Jeder Pilot / Jede Pilotin reagiert unterschiedlich auf Pollen
Pollen können je nach Jahreszeit fast überall in der Atemluft vorhanden sein, wobei die Saison je nach Wetter und Region bereits Ende Januar, anfangs Februar beginnt. Allerdings hängt die luftgebundene Pollenbelastung stark von Wetterfaktoren wie Luftfeuchtigkeit und Wind ab. Insbesondere im Frühjahr bis weit in den Sommer hinein schweben sie sogar bis in Höhen von 5000 Fuss über Grund. Manchmal können stark geschwollene Schleimhäute zu Druckausgleichsstörungen führen. Ebenso sind Personen mit starken Allergien häufig in ihrem Allgemeinzustand reduziert, was sich auf die allgemeine «Fitness to Fly» auswirkt.

Die Beurteilung, ob man als Pilot sicher agieren kann, hängt primär von der Gefahr einer plötzlichen Handlungsunfähigkeit (sudden incapacitation) ab. Aber es gilt auch die schleichende Handlungsunfähigkeit (subtle incapacitation) nicht ausser Acht zu lassen. Wer seine Allergie schon jahrelang kennt, kann ihre Auswirkungen gut einschätzen. Beim Neuauftreten jedoch ist Vorsicht geboten, es ist besser die Ursache abzuklären.

Darf ich mit einem antiallergischen Medikament noch fliegen?
Doch nicht nur die Allergiesymptome können problematisch sein, sondern auch die Medikamente, die deren Auswirkungen dämpfen sollen. Es gibt Substanzgruppen, die als Nebenwirkung gelegentilich Müdigkeit, herabgesetzte Reaktionsfähigkeit oder Schwindel haben können – alles Symptome, die man sich nicht im Cockpit wünscht.

Nimmst du Antihistaminika, um fliegen gehen zu können? Kennst du die Nebenwirkungen deines Medikamentes? Wie sieht’s mit dem Risiko von beeinträchtigter Konzentration und Wachheit aus?

Der (Flieger-) Arzt hilft dir
Auf jeden Fall solltest du deinen verschreibenden Arzt oder beim Kauf von rezeptfreien Mitteln in der Apotheke darauf hinweisen, dass die Fliegertauglichkeit nicht beeinträchtigt werden darf. Es gilt auch hier, zuerst die Verträglichkeit am Boden zu beobachten, und im Zweifelsfall den Fliegerarzt zu kontaktieren – er weiss am besten welche Substanzen für Piloten am geeignetsten sind und wie vorzugehen ist. Er kann dich auch über Alternativen informieren, wie Nasensprays mit Cortison oder spezielle Augentropfen, die beides nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich sind.

Es sollte sich also praktisch immer eine für dich geeignete Allergietherapie finden, mit der du fliegen gehen kannst. Sprich am besten während deines Medicals beim AME darüber.

Quellen:
Über Allergien: aha! Allergiezentrum Schweiz – Pollenallergie (Heuschnupfen)
Pollenkalender: Polleninformationen – MeteoSchweiz (admin.ch)
Pilotieren und Medikamente – EASA Easy Access Rules for Medical Requirements GM1 MED.A.020(d)(3) (Seiten 38-40): Easy Access Rules for Medical Requirements (europa.eu)

 

In verschiedenen Ländern sind im Kampf gegen COVID-19 mittlerweile Impfkampagnen angelaufen. In diesem Kontext gilt es folgende safety-relevante Punkte zu beachten:

1.) Lizenziertes Flugpersonal und Flugsicherungspersonal mit EASA-Tauglichkeitszeugnissen, aber auch Personal mit sicherheitsrelevanten Aufgaben müssen nach der Verabreichung einer Impfung gegen SARS-CoV-2 eine Wartefrist von 48 Stunden einhalten.

2.) Bei unerwarteten Ereignissen oder längerdauernden Beeinträchtigungen nach einer Impfung sind die Meldepflichten gemäss MED.A.020 bzw. ATCO.MED.A.020 einzuhalten und der Aeromedical Examiner (AME) oder das Aeromedical Center (AeMC) zu kontaktieren

Detaillierte Informationen sind dem AME-Statement zu COVID-19 zu entnehmen.

Auf den Punkt gebracht, sind ab 27. April 2020 nur wieder medizinische Untersuchungen möglich (Medicals), alle anderen Tätigkeiten wie Schulungen und Vereinsaktivitäten bleiben bis auf weiteres untersagt. Theorie- sowie LPC-Prüfungen werden voraussichtlich ab 7. Juni 2020 stattfinden. Nähere Details findet ihr im COVID19-Update auf der BAZL-Website.

Die Nase läuft, leichte Kopfschmerzen: nichts Ernsthaftes, das gehört schliesslich zu dieser Jahreszeit…
Können solche Bedingungen Auswirkungen auf die Flugaktivitäten eines Piloten haben?
Ein Video der Luftwaffe zeigt die Gefahren auf, die auftreten können, wenn Grippe- oder Erkältungssymptome unterschätzt werden. Natürlich betrifft dies nicht nur Militär-, sondern auch zivile Piloten: Unser Beharren kann schwerwiegende Folgen haben.

Video von Luftwaffe Flugsicherheit (FSH)

Luftwaffe, Flugsicherheit (FSH)

 

Ich war kürzlich mit einem Freund auf unserem neuen Clubflugzeug unterwegs. Wir wollten an diesem herrlichen Sommertag möglichst viele verschiedene Flugplätze anfliegen. So planten wir jeweils nur Pausen von max. 30 Minuten zwischen den einzelnen Destinationen. Wie so oft wurden die Pausen dann noch kürzer, weil wir u.a. auf den Tankwagen längere Zeit warten mussten. So mussten wir uns dann beeilen, konnten das geplante Programm jedoch einhalten und waren vor Schliessung des Heimflugplatzes wieder zurück.
Kurz nach der letzten Landung jedoch, fühlte ich mich nicht mehr gut. Das verdiente Feierabendbier konnte ich nicht geniessen, denn ich litt unter heftigen Kopfschmerzen. Später zuhause konnte ich auch nicht wirklich gut schlafen, weshalb ich mich an einen befreundeten Arzt wendete. Dieser stellte mir sofort die Frage, wieviel Flüssigkeit ich an diesem Tag zu mir genommen hätte. Offensichtlich zu wenig, denn er stellte fest, dass ich dehydriert war.

In einem Artikel habe ich dann u.a. folgendes nachgelesen:  Der menschliche Körper besteht zu einem Grossteil aus Wasser. Dieses ist für sämtliche Stoffwechselprozesse wichtig. Nur wenn ausreichend Flüssigkeit und Salze vorhanden sind, ist der Wasserhaushalt ausgeglichen und Körperfunktionen und Prozesse – wie etwa die Funktion des Nervensystems – können problemlos ablaufen. Fehlen Flüssigkeit und/oder Salze, kommt es zu Beschwerden wie Durst, Schwäche, Kopfschmerzen und weiteren Störungen. In schweren Fällen von Dehydration drohen Herzrasen, Muskelkrämpfe und Bewusstlosigkeit – ein starker Flüssigkeitsmangel ist lebensbedrohlich.

Lesson Learned: Seither führe ich immer eine Flasche kalten Tee oder Wasser im Cockpit mit mir, damit ich auch bei kurzen Pausen einen Schluck Flüssigkeit zu mir nehmen kann.

Einige meiner Freunde wünschten sich schon lange einen Flug mit mir ans Matterhorn. Heute stand dieser endlich an.

Die Vorzeichen waren gut, das Wetter stimmte, das Flugzeug war in Schuss.
Da wir zu viert im Flugzeug sassen und dementsprechend schwer waren, mussten wir schnell an Höhe gewinnen. Zum Glück war heute Samstag und das Militär war nicht aktiv, so konnten wir ohne weiteres auf 15‘000 Fuss steigen.

Bereits über dem Aletschgletscher hatten wir unsere Zielhöhe erreicht und konnten das Bergpanorama in vollen Zügen geniessen. Die Stimmung war ausgelassen, nur einer meiner Freunde wurde zunehmend ruhiger. Als wir ihn fragten, ob alles ok sei, gab er zunächst keine Antwort. Plötzlich fing er an in unzusammenhängenden Sätzen zu sprechen. Wir realisierten, dass er nicht mehr klar im Kopf war. Zudem bekam er Schweissausbrüche, obwohl es hier oben eher kalt war.

Wir entschieden uns, den Flug abzubrechen und zum Flugplatz zurückzukehren, da unser Freund wahrscheinlich aufgrund der Höhe an Höhenproblemen (Hypoxie) leidete. Während des Sinkfluges besserte sich sein Zustand zusehends. Am Boden angekommen, klopfte er wieder Sprüche wie immer.

Lesson learned: Wäre ich als Pilot, anstelle meines Freundes in diesen Zustand geraten, hätte dies unter Umständen schwerwiegende Konsequenzen zur Folge gehabt. Es hätte auch mir passieren können. Daher nehme ich auf Alpenflügen nun stets eine Sauerstoffflasche mit.

An einem Samstagmorgen traf ich einen aus meiner Sicht sehr begabten Flugschüler zu einer weiteren Lektion. Er stand kurz vor seinem ersten Alleinflug. Das Wetter war perfekt, das Flugzeug in gutem Zustand. Es hatte wenig anderen Verkehr, alles schien zu passen. Wie üblich bei einem Soloflug absolvierte ich mit dem Schüler gemeinsam zuerst zwei, drei Platzrunden, bevor ich ihn alleine losschickte.

Aber es begann bereits beim Losrollen: er vergass die Bremsen auf deren Wirksamkeit zu prüfen und auch alle übrigen Checks machte er nur halbherzig. Nach dem Abheben vergass er die Checks, beim Eindrehen auf den Gegenanflug flog er immer noch mit Vollgas und was die Landungen anbetrifft, schweige ich lieber. Nach zwei solchen Runden brach ich ab (notabene musste ich primär die Kommandi übernehmen).

Beim Debriefing fragte ich ihn was los sei. Er teilte mir mit, er leide seit dem Vortag unter heftigen Kopfschmerzen, habe kaum schlafen können und heute bereits wieder eine Schmerztablette genommen….

Lesson learnded: Ich weise meine Flugschüler bereits vor dem allerersten Flug darauf hin, dass Medikamente einen grossen Einfluss auf unser Verhalten haben können.

Der Grossvater meiner Frau hat sich auf seinen 77. Geburtstag einen Alpenrundflug mit mir gewünscht. Als ich mit meinem Passagier über Flughöhen sprach, wurde mir etwas unwohl. Ich erinnerte mich, dass er schon mehr als einen Herzinfarkt erlitten hat und unter Diabetes leidet. Diese gesundheitlichen Einschränkungen machten mir Sorgen. Ich bin kein Arzt und das Thema einfach zu googeln erschien mir keine gute Idee.

So habe ich zusammen mit meinem Passagier entschieden, dass ich vor dem Flug mit seinem Hausarzt Kontakt aufnehme.

Aus dem Gespräch mit dem Arzt erwiesen sich folgende Informationen für meinen Flug von Bedeutung:

  • Grosse Höhen sind zu vermeiden. 6000ft/2000m ist eine gut vertretbare Höhe.
  • Traubenzucker mitführen falls eine Unterzuckerung stattfindet.
  • Eine Unterzuckerung kann nicht durch die veränderte Umgebung in einer grossen Höhe ausgelöst werden. Vielmehr durch Stress und vielleicht Angst während des Fluges.
    Turbulenzen empfinden die wenigsten Passiere als entspannend.
  • Eine kurze Untersuchung beim Hausarzt vor einem Flug bei Patienten mit gesundheitlichen Einschränkungen ist eine gute Idee.

Ich bin froh konnte ich das Gespräch mit dem Hausarzt führen und bin sehr dankbar für seine klaren und guten Hinweise.

Lessons Learned: Den Fragenkatalog an meine Passagiere vor dem Flug werde ich erweitern. Zudem plane ich so bald wie möglich einen 100kg schweren Mann auf dem Passagiersitz anzuschnallen, um herausfinden, ob dieser bei Ohnmacht davon abgehalten werden kann über die Steuer zu fallen und so äusserst kritische Flugsituationen herbeizuführen.

Flight Safety Australia untersuchte die Auswirkungen der räumlichen Desorientierung auf den menschlichen Körper und konnte mit dem gestandenen Kapitän Richard de Crespingy den Barany Chair-Test durchführen. Das Video illustriert sehr gut, dass jeder Pilot anfällig auf räumliche Desorientierung sein kann.

Video: http://www.youtube.com/watch?v=n1xH0NCPgTg

Bild: CASA

Die Nase läuft, der Hals schmerzt, aber die Cessna ist für heute Nachmittag reserviert. Also vor dem Flug noch schnell in die Apotheke und ein rezeptfreies Medikament wie Neo-Citran oder Pretuval gekauft. Die sollten ja unschädlich sein, oder etwa doch nicht? Tatsächlich können solche gängige Mittel gegen Grippe Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel oder Sehstörungen auslösen. Daher sollte man sich gut über allfällige Nebenwirkungen informieren, via Beipackzettel oder bei einem Gespräch mit dem Fliegerarzt. Und klar ist, ich fliege nur, wenn ich fit bin!

http://www.bag.admin.ch/influenza/

Pollenzeit ist Heuschnupfenzeit! Nimmst du Antihistamin-Medikamente, um fliegen gehen zu können? Kennst du die Nebenwirkungen deines Medikamentes? Wie siehts mit dem Risiko von Schläfrigkeit aus? Lasse dich von deinem Arzt darüber informieren.

http://www.pollenundallergie.ch/infos-zu-pollen-und-allergien/MeteoSchweiz/pollendaten/?oid=1831&lang=de&pflanzenartId=5&messstationId=7&startDatum=2016-04-03